70 Prozent der Wirbeltiere sind verschwunden

Die Zerstörung von Lebensräumen verändert die Ökosysteme stark – auch hierzulande, wie eine Bestandsaufnahme zeigt: Österreich hat in den vergangenen 30 Jahren rund 70 Prozent seiner Wirbeltierbestände eingebüßt. Über dieses Ergebnis einer noch unveröffentlichten Studie berichtete der Biologe Nikolaus Szucsich vom Naturhistorischen Museum (NHM) Wien. Mit „DNA-Strichcodes“ will man die Artenverbreitung nun erfassen, um diesem „katastrophalen Trend“ entgegenzuwirken.

Derzeit gäbe es nur episodische Berichte zum Ausmaß des Artenschwundes, sagte Szucsich vor Journalisten. Neben der neuen Studie zu den Wirbeltierverlusten in Österreich wurde zum Beispiel in Deutschland ein Rückgang der Insekten-Biomasse um 75 Prozent dokumentiert. Ähnliches sei aus den Tropen bekannt. Was aber fehle, sei ein umfassendes Bild, wie es um die Biodiversität weltweit und auch hierzulande steht. https://science.orf.at/stories/2948440/

„Barcode of Life“:
Forscher arbeiten deshalb im Projekt „International Barcode of Life“ daran, für möglichst alle der weltweit bis zu 30 Millionen Pflanzen-, Tier- und Pilzarten einen „DNA-Strichcode“ zu erfassen, durch den sie schnell und sicher identifizierbar sind, erklärte Elisabeth Haring vom NHM Wien, die das „Austrian Barcode of Life“-Projekt leitet.

Wälder am ökologischen Limit:
Bei den Insekten hängt die Bestäubungsintensität zum Beispiel mit der Populationsgröße zusammen. Wenn drei Viertel dieser Tiere verschwinden, werden umso weniger Blüten befruchtet. Durch die Verschleppung von Schädlingen und Krankheiten sowie den Klimawandel wird etwa auch das Anpassungsvermögen des Waldes überfordert. Borkenkäferepidemien und das Eschentriebsterben seien zum Beispiel Folgen davon. Für den Menschen bedeutet dies, dass die Wälder unter anderem weniger Kohlenstoff aufnehmen und ihre Schutzfunktion vor Lawinen und Muren schwindet.

Die Experten gaben auch eine Empfehlung ab: Man müsse dem Verlust und der Zerstörung der Ökosysteme massiv entgegenwirken. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass durch den Biodiversitätsverlust nicht nur das Material für die schönen Naturfilme verloren geht, sondern die Ökosysteme für uns einen viel größeren Wert besitzen“, betonte Haring.