Agrarsprit und Bioenergie

Logo WeltagrarberichtErdöl durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen, erschien im letzten Jahrzehnt vielen Regierungen als grüner Königsweg, um die Abhängigkeit von fossiler Energie und den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren und gleichzeitig der Landwirtschaft neue Absatzmärkte zu erschließen. Der Weltagrarbericht gehörte zu den ersten entschiedenen Warnern vor einem Irrweg, gegen den nun praktisch alle internationalen Institutionen wegen der Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise und der Konkurrenz um Land und Wasser große Bedenken haben. Selbst positive Auswirkungen auf das Klima sind heute höchst umstritten.

Staatliche Beimischungsvorgaben und Subventionen für die Verarbeitung von Mais, Raps und anderen Ackerfrüchten zu Treibstoff haben in der EU und den USA einen regelrechten Boom ausgelöst. Für Brasilien, Malaysia und Indonesien wurden Zuckerrohr und Palmöl als „Biosprit”-Rohstoffe zu vielversprechenden Exportgütern. Auch Sojaöl dient zunehmend zur Produktion von Biodiesel. Afrikas ungenutzte Agrarflächen gelten manchen Zukunftsstrategen als gelobtes Land für die Produktion nachwachsender Treibstoffe. Seit der Explosion der Lebensmittelpreise 2008, bei der dieser Agrarsprit-Boom eine wesentliche Rolle spielte, ist eine weltweite Ernüchterung eingetreten. 2011 richteten Weltbank, Weltwährungsfond, OECD, FAO und alle damit befassten UN-Institutionen einen Appell an die G20-Staaten, namentlich die USA und EU, alle Gesetze zu streichen, die die Produktion oder Verwendung von Biokraftstoff subventionieren oder vorschreiben. Stattdessen sollten sie andere Alternativen zur Emissionsminderung forcieren und sich auf Energieeffizienz konzentrieren, auch in der Landwirtschaft. Die Staatschefs der G20 einigten sich aufgrund verschiedener Interessen nicht auf eine gemeinsame Linie im Streit um Tank oder Teller.

Der investitionsintensive Agrarenergie-Boom bringt einigen Großunternehmen hohe Gewinne und heizt den Konzentrationsprozess unter amerikanischen und europäischen Landwirten weiter an. Den durch die neue, schier unstillbare Nachfrage nach Agrarenergie verursachten Preisanstieg bei Getreide, Zucker und Ölsaaten in den vergangenen Jahren spüren freilich alle Landwirte auf dem Markt. Angesichts einer massiven Agrarsprit-Lobby unternahmen bis 2013 weder die EU noch die USA überzeugende Schritte. Allerdings liegen hier wie dort Gesetzentwürfe auf dem Tisch, die die ursprünglich enormen Zielvorgaben für Agrarsprit und -energie etwas reduzieren sollen.

In den USA, die 38% ihrer Maisernte in Ethanol und 23% des Sojaöls in Diesel verwandeln, stellen neue Gas- und Ölquellen aus Fracking sowie Steuerspar- zwänge die bisher üppigen Subventionen infrage. Die EU deckelte 2015 den Anteil der Biokraftstoffe der ersten Generation: Im Jahr 2020 dürfen von den 10% erneuerbarer Energien im Verkehrssektor maximal 7% aus Biokraftstoffen vom Acker stammen.

Fakten & Zahlen:
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