Das europäische Zulassungsverfahren für Pestizide ist intransparent und fehleranfällig
Gift im System - EFSA

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Eine Datenanalyse des BR zeigt, wie Behörden Risikobewertungen der Industrie übernehmen. Ob die Gefährlichkeit eines Stoffes wirklich überprüft wurde, ist nicht nachvollziehbar. — von Eva Achinger, Renate Ell, Steffen Kühne und Lisa Wreschniok

Die Obststände sind dieser Tage voll damit: Mandarinen, Orangen und Clementinen. Zum Schutz vor Insekten und anderen Schädlingen setzen Landwirte auf den Einsatz von Pestiziden. Doch Pestizide sind umstritten, da die Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt nur schwer abzuschätzen sind.

Ein umstrittener Wirkstoff ist Chlorpyrifos, ein hochwirksames Nervengift, das vor allem bei Zitrusfrüchten zur Bekämpfung von Insekten eingesetzt wird. Erst vor wenigen Wochen geriet die europaweite Zulassung von Chlorpyrifos in die Kritik: Wissenschaftler hatten aufgedeckt, dass die für die Risikobewertung zuständige Behörde fehlerhafte Angaben des Herstellers offenbar ungeprüft übernommen hatte. Brisante Daten zur Gesundheitsgefährdung schon bei geringer Dosis fielen so unter den Tisch. Chlorpyrifos steht im Verdacht, die Gehirnentwicklung von Ungeborenen zu schädigen.

Wie kritisch bewerten Behörden Gesundheitsgefahren?
Daten- und Wissenschaftsjournalisten des BR haben für 25 verschiedene Pestizidwirkstoffe die Zulassungsanträge der Hersteller mit den Bewertungsberichten der zuständigen europäischen Behörden verglichen. Die Zulassung dieser Wirkstoffe wurde in den vergangenen Jahren verlängert. Verglichen wurde der Teil der Dokumente, in dem es um Risiken für die Gesundheit geht. Mit Hilfe eines Algorithmus haben die Journalisten nach wörtlichen Textübernahmen gesucht, vor allem an Stellen, an denen eine unabhängige Risikoeinschätzung der Behörde gefordert wäre.

Die Datenanalyse zeigt: Zahlreiche Behörden haben großzügig Textteile aus den Zulassungsanträgen der Industrie kopiert, ohne dies ausreichend zu kennzeichnen. Bei 15 von 25 untersuchten Wirkstoffen ist das besonders problematisch, denn es wurden sogar Einschätzungen zum Risikopotential der Stoffe übernommen – ohne dass klar wird, ob die Textteile von der Behörde kritisch überprüft wurden. Drei Beispiele: Prosulfuron, Sulfosulfuron und Pyridat

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